5.
Vier Sichtweisen auf die Wirklichkeit
Nachdem ich in den letzten Beiträgen
eher emotionale Themen verarbeitet habe, möchte ich heute zu mehr
sachlichen Themen zurückkehren und die „Theorie von Allem“ -
Serie wieder aufgreifen. Im vierten
und bisher letzten Teil ging ich der Frage nach, ob
sich die „grüne“ Occupybewegung weiterentwickeln kann und damit
einhergehend, welche Faktoren notwendig sind, um eine persönliche
sowie kollektive Weiterentwicklung voran zu treiben. Im Schlussteil
streifte ich den von Ken Wilber geprägten Begriff der „Generation
X“, eine kulturelle Entwicklungsebene, welche gerade am Entstehen
ist, und daraus hervorgehend, dass Warten auf die neuen globalen
(integralen) Gründerväter der Zukunft.
In den bisherigen vier Teilen
konzentrierte ich mich auf die Spirale der Entwicklung und den darin enthaltenen unterschiedlichen
Bewusstseinebenen. Eine der tragenden Säulen der Integralen Theorie,
aber bei weitem nicht die Einzige. Da wir in einer zunehmend
komplexer werdenden Welt leben, muss per Definition eine
„Landkarte“, die den Anspruch hat, diese Welt so vollständig wie
möglich abzubilden, genauso umfangreich und komplex sein. Heute
möchte ich eine weitere tragende Säule der Integralen Theorie
einführen:
Die
vier Quadranten.
Die ewige Philosophie
Die vier Quadranten
sind ein Modell des Autors und Philosophen Ken Wilber. Sie stellen
eine Verbindung zweier elementarer Unterscheidung der
manifesten Wirklichkeit dar. Diese Grundunterscheidungen sind:
a) innerlich/äußerlich
und
b)
individuell/kollektiv
( integralesleben.org )
Als erstes erkennen wir hieraus, dass,
wenn wir uns der manifesten Wirklichkeit annähern wollen, es
grundsätzlich auf zwei Wegen möglich ist: innen/außen oder
individuell/kollektiv. Eine erste und einfache
Unterscheidungsmöglichkeit der relativen/dualen Wirklichkeit.
„Nach Ken Wilber existiert kein Innerliches ohne ein
Äußerliches, kein Äußerliches ohne ein Innerliches, kein
Singular ohne ein Plural und kein Plural ohne ein Singular, und zwar
seit Beginn aller Manifestation (Urknall)."
( integralesleben.org )
"Seit Beginn aller Manifestation.“ Hier ist es sehr wichtig, genau hinzuschauen. Jahrelang hat es mir das Gehirn zermartert, wie es zusammenpassen kann, dass alle großen Weisheitstraditionen der Welt, vom Christentum über den Buddhismus zum Daoismus, von einer „Ewigen Philosophie“ (Philosophia perennis) sprechen, von einem Urgrund aller Dinge, irgendeiner Form von absoluter Gottheit, aus der alle manifestierten Dinge entstehen. Eben alles, was wir sehen, hören, riechen, fühlen und schmecken können - angefangen von einer Blume im Frühjahr, einer duftenden Reisschüssel bis zum Gefühl der Liebe. Diese „Gottheit“ (oder Tao, Absolutes, Leere) ist nicht ein von allen endlichen Dingen getrenntes Großes Ding, sondern eher die Realität, das Sosein oder der Urgrund aller Dinge. Des weiteren sagen diese Traditionen, darf man sich diese Gottheit nicht als kolossales Wesen, als liebenden Vater oder einen außerhalb der Schöpfung stehenden großen Schöpfer vorstellen, sondern als die „Natur aller Naturen“, nicht etwas von allen Dingen und Ereignissen Getrenntes, eher als etwas Absolutes, welches gewissermaßen das Gewebe von allem ist, was ist.
Wenn wir dem folgen, bedeutet dies,
dass auch der Mensch aus diesem Absolutem entstanden ist. Aber wer
oder was nimmt das alles wahr?
„Es
gibt keine Suche nach dem Selbst, es schaut durch Deine Augen, gerade
jetzt.
Das Selbst kann nicht erreicht werden.
Du kannst ganz einfach und absolut nicht erlangen, was Du nie verloren hast."
Das Selbst kann nicht erreicht werden.
Du kannst ganz einfach und absolut nicht erlangen, was Du nie verloren hast."
(Ken Wilber)
Diese Erkenntnis war für mich mein philosophisches Heureka. Auf einer absoluten Ebene gibt es ganz und gar nichts zu erreichen, weil es schon immer da war, langer vor meiner Geburt und lange danach. So als würden wir uns jahrelang fragen, worauf wir stehen und dann das erste Mal unsere Füße erblicken, die schon immer da waren. Mit zunehmenden Studium der Integralen Theorie setzte sich das Gedankenpuzzle immer weiter zusammen. Und zwar ganz einfach in der fundamentalen Erkenntnis: Es gibt zwei Wirklichkeiten. Und beide bedingen sich gegenseitig und beide sind gleich wichtig und gleich wahr. : Eine absolute Wirklichkeit und eine relative Wirklichkeit. Die absolute Wirklichkeit umfasst das „ICH BIN“, das Formlose, das Absolute, die Natur aller Naturen, das klare Bewusstsein. Aus dieser „Leere“ entstehen alle Dinge der relativen Wirklichkeit in unserem Bewusstsein. Hier gibt es kein gut oder schlecht, Angst oder Liebe, Schmerz oder Freude, Hunger oder Satt. Hier ist alles eins, hier ist nichts außerhalb der Berge, Flüsse und Wälder, sondern etwas, das durch die Fasern von allem und jedem fließt.
Aus diesem Urgrund entstehen alle Dinge
der dualen Welt – unserer Welt. In dem Moment, wo sich unsere Seele
entschieden hat, in einen Körper zu inkarnieren, betrat sie die
Sphäre der stofflichen, materiellen und physischen Welt, mit all
ihren Licht und Schattenseiten, mit all ihren Unterscheidungen und
Dualismen, Entzückungen und Leiden. Aber das ICH BIN ist immer noch
da, war immer da und wird es immer bleiben. Wie es im Diamant-Sutra
steht: „Form ist Leerheit und Leerheit ist Form“. Wenn man diese
beiden Wirklichkeiten als gleichwertige Dimensionen unseres Seins
anerkennt, dann ergibt alles einen „Sinn“.
Die von Wilber entwickelten vier Quadranten helfen uns als Meta-Theorie, unsere immer komplexer werdende Welt, auf einer relativen Ebene so umfangreich und komplett wie möglich greifbar zu machen, indem nichts ausgegrenzt oder als falsch angesehen wird, sondern alles als Ausdruck des „Einen“ anerkannt wird und so seinen Platz in der natürlichen Ordnung der Dinge bekommt. Man kann die Integrale Theorie mit einer Alpenüberquerung vergleichen. Bevor man sich auf den Weg macht, versucht man die aktuellste und detailliertes Wanderkarte zu bekommen, weil man sich ansonsten schnell verlaufen kann. Möchte man sich durch unser immer komplexer werdendes Leben bewegen, und spürt den drängenden Wunsch dieses zu verstehen, sucht man nach einem praktischen Wegweiser, der dies alles umfasst. Die Integrale Theorie versucht diesem Anspruch gerecht zu werden.
Eine multiperspektivische Brille
Was genau beinhalten nun diese vier
Quadranten? Nachdem Wilber nahezu alle Philosophien und Theorien aus
Ost und West studiert hatte, trieb es ihn schier in den Wahnsinn, wie
all diese Weisheiten zusammen passen sollten, ohne das die eine
weniger wahr wäre als die andere - sind sie doch alle Ausdruck des
„Einen“. In seiner
Klause malte er eines Tages - während einer 3-jährigen
Rückzugsphase - ein T-Kreuz auf ein leeres Blatt Papier. Zuvor
hatte er auf unzähligen Klebezetteln all die Theorien, Systeme und
Traditionen aus Ost und West zusammengetragen. Und versuchte sie zu
unterscheiden und gleichzeitig zusammenzufassen. Irgendwann begann er
die Zettel in die vier leeren Rechtecke zu kleben. Und plötzlich
ergab alles einen Sinn und hatte seinen Platz. Wenn man die
Unterscheidung der relativen Wirklichkeit in Innen/Außen und
Individuell/Kollektiv als Differenzierung zulässt. Am Ende dieser
Sisyphus Arbeit kamen vier unterschiedliche Perspektiven/Blickwinkel
auf die Wirklichkeit heraus – die sich alle gegenseitig bedingen
und ergänzen und nicht ausschließen. Dies ist elementar wichtig,
ansonsten wäre es nur eine „Anhäufung“ von Theorien und
Konzepten. Die vier Quadranten:
Die 4 Quadranten |
Der obere linke Quadrant (O.L.)
bezieht sich auf das Ich, auf alles
subjektiv Erleb- und Erfühlbare, auf alles was sich im Inneren eines
jeden Individuums abspielt (intentional). Man kann versuchen den
Geschmack einer Erdbeere in all seinen Feinheiten einem anderem
Menschen zu erklären, letztlich muss dieser selber in die Erdbeere
beißen, um subjektiv den Geschmack einer Erdbeere zu erleben.
Dieses innere Erleben von Zuständen, Gefühlen und Stimmungen ist
einerseits unauflöslich vernetzt mit unserem physischem Gehirn,
andererseits mit der jeweiligen Natur und Umgebung in der es lebt.
Der Einzelne lebt nicht in einem luftleeren Raum. „Ein
individuelles oder subjektives Bewußtsein existiert jedoch nicht in
einem Vakuum; kein Subjekt ist eine Insel für sich. Das individuelle
Bewußtsein ist unauflöslich vernetzt mit dem objektivem Organismus
und Gehirn, mit der Natur, mit Gesellschaftssystemen und Umwelt und
mit kulturellen Rahmenbedingungen, gemeinsamen Werten und
Weltanschauungen.“ (Ganzheitlich handeln, S.
63)
Und
damit berühren wir den oberen
rechten Quadranten (O.R.).
Hier ist das Es
zu Hause - alles was man wiegen, messen und überprüfen kann. Alles
was sich hier abspielt ist Verhaltensbezogen. Die empirische
Wissenschaft mit all ihren Versuchsreihen und Forschungen hat hier
ihren angestammten Platz (was man verifizieren und belegen kann). „
Der Oben-Rechts-Quadrant“ ist das Individuum aus
objektiver, empirischer, „wissenschaftlicher“ Sicht. Das schließt
insbesondere ein: organische Körperzustände, Biochemie,
neurobiologische Faktoren, Neurotransmitter, organische
Gehirnstrukturen (Gehirnstamm, limbisches System, Großhirnrinde) und
so weiter. Wie immer wir die tatsächliche Beziehung zwischen
Geist/Bewußtsein (Oben links) und Gehirn/Körper (Oben rechts)
einschätzen, wir können zumindest darin übereinstimmen, dass sie
eng miteinander verbunden sind“.
(Ganzheitlich handeln, S. 63)
Damit haben wir die beiden
individuellen/innerlichen Quadranten kurz umschrieben. Jetzt gelangen
wir zum ersten kollektiven/äußeren Quadranten. Wie schon
angedeutet, ist jedes Subjekt oder Ich in einen kulturellen Kontext
eingebettet und lebt nicht in einem Vakuum. Sondern in einem Wir
aus gemeinsamen Werten, Wahrnehmungen und Bedeutungen, eben einer
Kultur, verbunden mit einer gemeinsamen Sprache. Somit gelangen wir
zum ersten kollektiven Quadranten, dem unterem linkem Quadranten
(U.L.) „Der Unten-Links-Quadrant beinhaltet diejenigen
Muster im Bewusstsein, welche allen Menschen gemeinsam sind, die sich
„in“ einer bestimmten Kultur oder Subkultur befinden. Damit Sie
und ich uns überhaupt verstehen können, müssen wir zumindest eine
gewisse linguistische Semantik gemeinsam haben sowie zahlreiche
Wahrnehmungen, Weltanschauungen, die sich zu einem bestimmten Grad
überlappen (damit Kommunikation überhaupt möglich ist), und so
weiter. Diese gemeinsamen Werte, Wahrnehmungen, Bedeutungen,
semantischen Standorte, kulturellen Praktiken, Ethiken und
dergleichen bezeichne ich einfach als Kultur oder die
intersubjektiven Muster im Bewusstsein.“ (Ganzheitlich
handeln, S. 64)
All
diese intersubjektiven
gemeinsamen Wahrnehmungen, Werte, Traditionen und Anschauungen eines
kulturellen Kontextes haben nichtsdestoweniger objektive (äußere)
Entsprechungen. Wiederum existieren auch diese Anschauungen und Werte
nicht in einem luftleeren Raum. Vielmehr treffen sie auf physische
und techno-ökonomische Institutionen und Gesellschaftsformen.
Beginnend in unserer Evolutionsgeschichte bei den Sammler- und Jäger
Horden über die Agrarkultur, das Industriezeitalter bis zum heutigen
Informationszeitalter. Mit diesen äußeren Korrelaten einer
bestimmter kulturellen (intersubjektiven) Entwicklungsstufe berühren
wir den Unteren rechten Quadranten (U.R.), dem
Wir alle. „
Diese kulturellen Wahrnehmungen, die alle bis zu einem gewissen Grad
in intersubjektiven Räumen im Bewusstsein vorhanden sind, haben
nichtsdestoweniger objektive Korrelate, die empirisch entdeckt werden
können – physische Strukturen und Institutionen einschließlich
techno-ökonomischer Formen (Sammeln und Jagen, Gartenbau, Seefahrt,
Landwirtschaft, Industrie, Information), Architekturstile,
geopolitische Strukturen, Formen der Informationsübermittlung
(vokale Zeichen, Ideogramme, Buchdruck, Telekommunikation,
Mikrochips), gesellschaftliche Strukturen (Überlebenshorden,
ethnische Stämme, Feudalordnungen, Nationen, körperschaftlich
organisierte Staaten, Wertegemeinschaften und so weiter). Diese
intersubjektiven Wirklichkeiten bezeichne ich im allgemeinen als das
Gesellschaftssystem (Unten-Rechts-Quadrant). (Ganzheitlich
handeln, S.64)
Wenn man einen Blick auf die relative
Welt wirft, kann man sich die vier Quadranten wie eine
multiperspektivische Brille mit vier Linsenprismen vorstellen. Man
schaut quasi gleichzeitig durch vier Linsen. Lässt man drei Linsen
weg und schaut beispielsweise nur durch die Linse des
wissenschaftlichen Empirismus (O.R.), blendet man dadurch automatisch
drei andere Sichtweisen (Quadranten) aus. Nun hat man die Brille des
strengen empirischen Forschers auf, der nur das für wahr hält, was
er durch seine Brille sieht. In der Integralen Theorie ist dazu der
Begriff des (Quadranten) Reduktionismus geprägt worden. Der Vorteil
einer integralen, vierprismigen Brille liegt auf der Hand. Man sieht
dadurch alle vier Bereiche der relativen (dualen) Wirklichkeit.
Sobald man eine Linse scharf stellt, blendet man dadurch
notwendigerweise die drei anderen aus. Ein einfaches Beispiel soll
diese multiperspektivische Sichtweise verdeutlichen.
Ein Gedanke
Einen Gedanken der mir kommt erlebe
ich phänomenologisch (oberer linker Quadrant). Dieser Gedanke hat
hirnphysiologische Entsprechungen (oberer rechter Quadrant). Der
Gedanke entsteht vor dem Hintergrund meiner kulturellen Prägungen
und Entwicklung und ist von diesen geformt (unterer linker Quadrant).
Gleichzeitig ist dieser Gedanke auch geprägt und geformt von den
sozialen und gesellschaftlichen Verhältnissen in denen ich lebe
(unterer rechter Quadrant).
(integralesleben.org )
Die
nachfolgenden Diagramme geben uns noch einmal einen groben Überblick
über die vier Quadranten (Diagramm 1) sowie einige repräsentative
Vertreter daraus (Diagramm 2). Man kann die vier Quadranten auch auf
drei einfache „Nenner“ bringen bzw. zusammen, nämlich auf:
ICH (O.L.) - WIR (U.L.) – ES/se( O.R./U.R.). „Daher
können die vier Quadranten zu den „Großen Drei“ vereinfacht
werden (Ich, Wir und Es.) Diese wichtigen Dimensionen lassen sich auf
viele unterschiedliche Weisen umschreiben: Kunst, Moral und
Wissenschaft; das Schöne, das Gute und das Wahre; Selbst, Kultur und
Natur.“ (Ganzheitlich
handeln, S. 66)
Ich
|
Wir
|
Es
|
Selbst | Kultur | Natur |
Schönheit | Gerechtigkeit | Wahrheit |
Ästhetik | Moral | Wissenschaft |
Diagramm 1
( Integral-con-text.de )
ICH
|
WIR
|
ES
|
SIE (ES-se)
|
Freud | Thomas Kuhn | B.F. Skinner | Systemtheorie |
C.G. Jung | Wilhelm Dilthey | John Watson | Talcott Parsons |
Piaget | Jean Gebser | John Locke | Auguste Comte |
Aurobindo | Max Weber | Empirismus | Karl Marx |
Plotin | Hans Georg Gadamer | Behaviorismus | Gerhard Lenski |
Gautama Buddha | Physik, Biologie, Neurologie | Ökologisches Gewebe des Lebens |
Diagramm 2: Einige
repräsentative Theoretiker in jedem Quadranten
(Ganzheitlich
handeln, S. 65)
Zum Ende möchte ich Ken Wilber noch
einmal zu Wort kommen lassen, um ein weiteres Mal zu verdeutlichen,
wie wichtig es ist, alle vier Quadranten (Linsen) gleichermaßen zu
berücksichtigen, um einen umfassenden/vollständigen Blick
auf die duale Wirklichkeit zu gewinnen:
„Es ist richtig, dass der obere linke
Quadrant der Ort des Bewusstseins ist, wie es in einem Individuum
erscheint, aber das ist ja der Punkt: wie es in einem Individuum
erscheint. Und doch ist Bewusstsein als Ganzes verankert in und
verteilt über alle Quadranten - intentional, verhaltensmässig,
kulturell und sozial. "Löscht" man irgendeinen Quadranten
aus, verschwinden alle anderen auch, weil jeder für die Existenz
aller anderen unabdingbar ist.“
(integralesleben.org)
Hallo Libertas,
AntwortenLöschenich habe auf der Google-Suche nach
Gruppen oder Leuten, die sich mit
integraler Theorie befassen, hier
deinen Blog gefunden und habe
gerade etliches hier gelesen
(neben integraler Theorie deine
Reisen, die Beziehung, der Hund,
ein bisschen Occupy) – das meiste
fand ich sehr interessant.
Leider gibt es nur wenige
Menschen, mit denen man sich über
so etwas wie integrale Theorie
austauschen kann. Ich kann das nur
mit meinem Bruder, der ist der
einzige den ich kenne, der dafür
offen ist.
Ich war sehr verwundert, dass es
so wenige Kommentare zu deinem
doch sehr schönen Blog gibt.
Wahrscheinlich hast auch du die
Erfahrung gemacht dass, wenn man
sich tiefergehend mit Leuten
austauschen will, die Zahl der
möglichen Gesprächspartner rapide
sinkt. Ich dachte anfangs
integrale Theorie, das ist doch
etwas, das viele Leute ansprechen
müsste – weit gefehlt, leider.
Herzliche Grüße
Martin
P.S: Irgendwie funktioniert das mit dem Zeilenumbruch hier nicht so recht.
Hallo Martin,
AntwortenLöschenvielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und den damit verbundenen Kompliment. Ich freue mich immer wieder über Austausch.
Das es hier so wenig Kommentare respektive auch Leser gibt, liegt wohl zum großen Teil an mir. Wie du sicherlich gesehen hast, gab es eine (Aus) Zeit, in der ich lange nichts veröffentlicht habe. Zudem bin ich so ein "Querbettblogger", der gerade über das schreibt, was ihm auf Herz und Seele brennt - und einen hohen Anspruch an die Qualität der Beiträge hat (okay, lassen wir ein paar Reiseartikel davon mal aussen vor:)
Andererseits macht eventuell gerade das die Würze und Authentizität eines originären Bloggs aus!?
Ich habe da ganz ähnliche Erfahrungen gemacht wie du, in Bezug auf Austausch zur Integralen Theorie. Es ist wirklich schwierig, Menschen zu finden, die sich dafür interessieren und es auch in ihrerer Komplexität verstanden haben. Und mir auch schon ein paar Mal das "Maul" verbrannt, insbesondere mit Menschen, die schwerpunktmässig dem "grünen Mem" angehören.
Irgendwie scheine ich die auch in meinem privaten Umfeld anzuziehen, was andererseits ja nicht verwunderlich ist, da, wie du sicherlich weißt, die erste Integrale Entwicklungsebene (die Gelben), ers weltweit am entstehen ist (ca. 1-3%) und auf den ersten Blick, die Schnittmengen zwischen "Grün" und "Gelb" sehr groß sind.
Und ganz nebenbei, meine andauernden Reibungen mit den Werten und Ansichten von "Grün" auf meinen verborgenen Schatten hinweisen:)
Sehr gerne können wir uns weiter über Intergrales oder andere interessante Themen austauschen, gerade von diesem Austausch und Reflektieren wird aus einer "Metatheorie" erst eine Lebenspraxis.
Über das Kontaktformular kannst du per Email mit mir Kontakt aufnehmen.
Herzliche Grüsse
Ode Libertas
(per email erfährst du natürlich meinen richtigen Namen)
Hallo Ode Libertas,
AntwortenLöschenwas die Leseranzahl angeht, steht dein Blog gar nicht so schlecht da, finde ich, aber ansonsten hast du natürlich in allem recht. Was du schreibst, ist schon häufig tiefer, als das, was in vielen Blog steht.
Mein Fachgebiet ist der Islam, den ich nicht nur studiert habe, sondern den ich auch aus dem Leben in der arabischen Welt kenne.
Die ungesund-grüne Sicht ist natürlich, dass es zwischen Christentum, Buddhismus und Islam gar keine Unterschiede gibt. Für mich sind aber schon die Unterscheide zwischen Protestantismus, einem spirituellen Kloster-Katholizismus und beispielsweise Zen sehr groß, ich halte diese drei auch für ziemlich unterschiedliche Gebilde.
Orthodoxer Islam (es gibt natürlich natürlich auch andere Islamformen) ist mit den oben angeführten drei Wegen in keiner Weise "gleichwertig", das sind sie schon untereinander nicht, müssen sie auch nicht.
Wenn man das heute im völlig ergrünten akademischen Milieu äußert, ist der Teufel los, wie du dir ja bestimmt sehr lebhaft vorstellen kannst. Mich stoßen diese reflexartigen Reaktionen nur noch ab.
Integrale Theorie wäre meines Erachtens schon eine Möglichkeit, da irgendwie einen Ausweg zu finden, den man auch kommunizieren kann. Nur wie man das praktisch macht, ist eine gar nicht so einfache Frage.
Auch was Rationalität oder den Umgang mit dem Christentum angeht, kann fieses Grün verheerend sein.
Die Buddhisten lassen die Grün-Fanatiker an der Uni zum Gluck ja meist in Ruhe
Was mich interessieren würde, sind Leute, die sich jenseits der üblichen Bretter vorm Kopf vielleicht auf einen tieferen Austausch einlassen.
Hast du da vielleicht schon Erfahrungen gemacht oder irgend eine Ecke oder ein Forum gefunden, wo man da eher weiterkommt?
Herzliche Grüße
Martin
Hallo Martin,
AntwortenLöschenfreut mich sehr, dass dir mein Blog so gut gefällt, und du sogar mehr Tiefe entdeckt hast, als in manch anderen. Ich kann jetzt schon mal ankündigen, dass ich diese Tiefe weiter ausloten möchte. Zur Zeit verspüre ich wieder große Lust über die Integrale Theorie zu schreiben, und so wird sicherlich die "Theorie von Allem" Serie weiter fortgesetzt. ( Es gibt noch viele Themen und Stränge dazu).
Zu dem, was du zum "grünen Egalitarismus" (Gleichmacherei) gesagt hast, kann ich dir nur uneingeschränkt zu stimmen. Gerade in der akademischen Welt, was du sicherlich besser beurteilen kannst als ich. (habe nie studiert. Wilber schreibt darüber aber einiges, inbesondere in Ganzheitlich handeln + EKL).
Interessant, dass du Islam studiert hast und sogar schon in der arabischen Welt unterwegs warst.Das war sicherlich sehr hilfreich zum tieferen Verständnis jenseits von trockenen Uni-Lehrbüchern und Seminaren? Wie du vielleicht schon anhand einiger Berichte auf dem Blog gesehen hast, praktiziere ich seit einigen Jahren in der Zen Tradition und war vor 4 Jahren auch in Japan. Und während dieser Zeit für einige Tage in einem traditionellen Zenkloster in der Nähe von Kyoto. Dies war eine sehr tiefgreifende Erfahrung und hat mir einmal mehr gezeigt, dass wirkliche Erfahrung und Erkenntnis "erlebt" werden muss. Bücher sind nur "Fingerzeige":) (obgleich auch wichtig)
Noch ein paar Sätze zur grünen Bewusstseinstufe: Wie bei allen vorherigen muss man hier auch die Errungenschaften sehen. (Umweltschutz etc.). Aber natürlich auch die Schattenseiten. Und diese liegen in der Ablehnung von jeglichen Hierarchieformen.
Das es aber in der Natur der Dinge liegt, dass es in der manifesten Welt Unterscheidungen und (Wachstums) Hierarchiern gibt, wird dabei völlig verkannt. Oder ist es eine Abwertung, wenn ich mich morgen früh für den grünen Tee entscheide anstatt für den Schwarzen? Vielleicht ein bisschen banal, aber ich glaube die Richtung ist klar. Es geht nicht um besser oder schlechter, sondern um gerechter und angemesser. Ein 5. Klässler ist nicht schlechter als ein Abiturient, trotzdem steht er in einer Wissenshierarchie unter dem Abiturienten (und kann sich dort noch hinentwickeln.) Ach, ich könnte noch viele Beispiele geben, und höre jetzt lieber auf...)
Ich hatte das große Glück durch einen Menschen (und nicht durch Bücher) mit der Integralen Theorie in Berührung gekommen zu sein, der seit 20 Jahren "dabei ist."
Ja, aber auch in Deutschland gibt es einige Möglichkeiten. Ich haue hier einfach mal ein paar Links mit rein.
Das Integrale Forum würde ich als DAS Forum für Theorie und Praxis bezeichnen.
http://integralesleben.org/index.php?id=648
Dann gibt es Integrale Salons in ganz Deutschland. Ich war mal in einem in Nürnberg. Man sitzt in einem Stuhlkreis und jeder kann seine Meinung kundtun. ("Grün" ist hier gut transzendiert, trotzdem eine gute Möglichkeit für Austausch unter "Gleichgesinnten".)
http://integralesleben.org/nc/il-home/if-integrales-forum/integrale-salons/
Und dann gibt es noch diese Initiative auf politischer Ebene:
http://de.simpol.org/index.php?id=69
Es gibt einige Handlungsfelder des Integralen im täglichen Leben (Medizin, Wirtschaft etc). Auf dem IF findest du einiges dazu. Das vernetzen und austauschen ist aber aus meiner Perspektive derzeit das wichtigste - also genau das, was wir gerade machen:)
Einen schönen Abend.
Liebe Grüsse
"Ode"
(vorerst bleibe ich noch bei meinem Nick auf diesem Blog)
Doch noch ein Satz zu akademischen "grünen" Welt. Hier wäre ich wirklich neugierig und du bist ja mittendrin.
AntwortenLöschenGerade die Religion, wie du sicherlich schon gehört hast, bezeichnet Wilber als "Förderbänder" für eine Weiterentwicklung zu höheren (transpersonalen) Bewusstseinsschichten.
Soweit ich das studiert habe, gibt es natürlich zwischen allen drei großen monothestischen Religionen Gemeinsamkeiten, aber eben auch Unterschiede in der Auslegung.
Und das habe ich nicht ganz verstanden: Warum lassen "grüne Uni-Fanatiker" gerade die Buddhisten in Ruhe?
So, für heute aber genug..:)