Donnerstag, 12. August 2010

Nord-Ostseeradtour 2010

Befinde mich seit gestern abend wieder im "Basislager"! Zum Glück hatte ich von Hamburg aus, einen Fahrradstellplatz reserviert, geht wohl auch ohne im IC, aber nach dem was sich gestern dort alles abgespielt hat, wirklich nicht zu empfehlen.
In Hannover stieg eine Grossfamilie mit 4 oder 5 Rädern hinzu. Sofort fing der Familienpatriarch an Kommandos an seine Kinder zu verteilen auf welche reservierten Stellplätze sie die Räder stellen sollten. Dann kam es wie es kommen musste, auf einen dieser Plätze stand ein Rad von einer Frau die nicht reserviert hatte. Der Zug fing schon wieder an zu fahren, der Platzhirsch wurde immer hektischer. Sofort ging er ins Abteil stellte sich vorne hin und brüllte in die Menge: "Wem sein Rad steht auf Platz 158?" Schüchtern meldete sich die Frau "das ist wohl meins".
" Sie stehen auf meinem reservierten Platz, sehen Sie zu das Sie dort wegkommen."
Mittlerweile war aber das Fahrradabteil schon randvoll mit Rädern, Ferienzeit, Sommer somit Hochsaison auch was die Fahrradmitnahme in Zügen betrifft.
Also schlussfolgerte die Dame richtig " was soll ich denn machen, wo soll es hin?"
" Das ist Ihr Problem nicht meins " raunte der Familienbulle zurück!
Ich merkte, wie langsam bei mir der Unmut stieg. Die Frau stand dann schliesslich auf, ging in das Fahrradabteil das voll war mit Rädern, lauten Kindern und einem unfreundlichem Familienvater.

Irgendwie gab es dann doch eine Lösung, die Frau hing ihr Fahrrad in einen der letzten freien Ständer und der Familievater konnte sich langsam wieder runterfahren.
Ich überlegte so bei mir selber, wie würde ich reagieren wenn ein Rad auf meinen reserviertem Stellplatz steht? Nun wie so oft, Macht der Ton die Musik.

Und darum geht es mir auch, darum schildere ich dies kleine Episode hier so ausführlich. Für mich ist dies ein gutes Beispiel für die hässliche Fratze der Selbstsucht und Egozentrik, die leider immer häufiger zu beobachten ist.
Ob der geldgierige Campingplatzbetreiber an der Ostsee (" Dann kriege ich von Ihnen 12,30 €" - kein einziges Wort des Dankes, wer ist hier Koch und wer Kellner?), oder der herab lassende Herbergsvater von der JH in Husum der anscheinend über die Jahre "betriebsblind" geworden ist, oder last but not least der Besitzer der Naturzeltplatzes in Dänemark der mir am Tag der Ankunft sagte, "all same price" und bei der Abreise das doppelte verlangte, weil dann auf einmal die schmutzige und stinkige Holzhütte in der ich geschlafen hatte nicht mehr "same price" war.

Dies alles sind so kleine Geschichten die man unterwegs erlebt und jetzt nach Abschluss der Tour noch einmal gedanklich durchlebt.
Vor allem aber sind es die netten, positiven und menschlichen Geschichten die am meinsten hängen bleiben und einem noch wochen oder monatelang später staunen und erfreuen lassen. Und auf diese möchte ich mich konzentrieren, den Strahl der Aufmerksamkeit lenken.

Allen voran ist dort meine letzte und gleichzeitig gastfreundlichste und menschlichste Begebenheit zu erwähnen. Kurz vor Neumünster stand ich in einem kleinen Dorf, schaute auf die Karte, hatte mich ein wenig verfahren und wurde prompt von einer Frau um die fünfzig angesprochen. Wie sich herausstellte war Sie die Frau des Bürgermeisters dieser Gemeinde und bot mir nach ca. 5 Minuten an, das ich eine Nacht bei Ihnen in der Gartenlaube schlafen könnte. Nach kurzem Überlegen nahm ich das Angebot dankend an und bekam somit nicht nur eine kostenfreie Nacht auf einer Matratze, nein auch noch ein Mittag- und Abendessen und am nächsten Morgen zum Abschluss ein Frühstück. Der Angebotene Obolus wurde freundlich abgelehnt und so konnte ich mich nur mit tausend Dankesgrüssen und dem Hinweis " Schön das es noch solche Leute gibt" in einen sonnigen Radeltag verabschieden.
In diese Reihe der schönen Erlebnisse können sich auch unzählig kleine Episoden einordnen, die vielen freundlichen und hilfsbereiten Passanten die ich nach dem Weg gefragt habe, der Mann der mich in Hamburg kostenfrei auf ein öffentl. WC gehen lies (0,60€), die Frau die mir die Taschen mit in den Zug trug, die Hilfs - und Gastfreundschaft der Berliner Radler Mandy und Alex, und nicht zuletzt all die anderen kleinen Freundlichkeiten im Allag eines Radwanderers.

All dies zusammen und im Wechsel, gepaart mit der atemberaubenden Natur, den Entbehrungen und Erfüllungen, der Sonne und dem Regen, dem Sturm und der Stille, der Hitze und der Kälte, all dies macht so eine Tour aus, prägt, formt und inspiriert einem zum Nachdenken über das Leben und neue Touren, wie einfach und schön es sein kann, ohne Konsum, Überfluss und Statussymbolen!

Tja und so freue ich mich jetzt die simplen Dinge des "täglichen Lebens" geniessen zu können, eigene Dusche, eigens WC und Bett. Manchmal kann es so einfach sein!

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