Sonntag, 11. Dezember 2011

Unterwegs in die Sonne



Wer vertraut, den behütet das Schicksal!
Unbekannt


Und so, nach einigem Hin und Her, fielen irgendwann die Würfel. Ich spürte, das ich in Bewegung bleiben musste, um in Gleichgewicht zu bleiben! Das finanzielle war das eine, das andere war mein gewonnener Gleichmut, meine spürbar zunehmende Gelassenheit gegenüber vielen vermeintlichen Problemen des Alltags, die ich während des Reisens immer wieder erfahre.
Das Reisen lehrt mich, die Dinge so zu akzeptieren wie sind sie, oder wie sie kommen. Die neuen Umstände und Menschen auf die ich immer wieder treffe, sind meine Lehrer. Ob der schweißtreibende Anstieg hinter der nächsten Kurve, ein kläffender Hund von der Seite oder eine Regenfront auf die ich zufahre, all dies kann ich nicht ändern, das sie auf meinem Weg liegen, und so bleibt mir nur es anzunehmen, wenigstens es zu versuchen, obgleich ich immer wieder fluche, schimpfe oder schreie, raus damit, weg damit, fertig damit.

Eine Rückkehr nach Deutschland, in Kälte, Regen, Dunkelheit, in zunehmenden Schwermut, in Verpflichtungen, in Sorgen, Langeweile, Tristestes, Papierkram, Routine, Dorfgetratsche, Belanglosem, Gehetze, Spott, Intrigen, Lügen, Stress, Hektik, Fußballbundesliga und Bauer sucht Frau, ja irgendwann kommt das wieder, werde ich mich dem allen Stellen müssen, aber noch nicht jetzt, noch habe ich einen kleinen Spielraum, Zeit mich zu wappnen, ein Schutzpolster aufzubauen aus Freude, Gelassenheit, Inspiration und Vertrauen, mich hier in Südeuropa vollzusaugen, mit Sonne und Leichtigkeit, um dann genug Reserven zu haben für diese Zeit.

Und so fiel von diesen drei genannten Optionen schon mal eine raus. Blieben noch Weiterreisen mit dem Rad, oder auf die Mani reisen, was auch kleine Reise mit dem Rad bedeuten würde. Mit Burgi, der Österreicherin, die wie erwähnt, ein traumhaft gelegenes Seminarzentrum betreibt, hatte ich schon seit einigen Tagen regen Emailkontakt. Sie lud mich ausdrücklich dazu ein, zu ihr zu kommen, um bei Ihr viel Freude und Inspiration zu erhalten, für meine kreativen und schriftstellerischen Prozesse. Nach einem Telefonat in meiner letzten Woche auf Corfu, indem Sie mich noch einmal ermutigte und mir einige Vorteile nannte, war für mich eine Vorentscheidung gefallen. Ich schlief noch mal eine Nacht darüber, und dann war es klar, ich werde auf die Mani in Südgriechenland fahren. Während des Telefonats, ergab sich nämlich auch eine günstige Möglichkeit, wie ich von dort aus nach Deutschland zurückkehren könnte. Das war unter Berücksichtigung aller momentan Aspekte, das beste „Gesamtpaket“.

Eine Weiterreise mit dem Rad durch Griechenland, auf eigene Faust, mit unbekanntem Ziel, ohne laufendem Einkommen und unbekannter finanzieller Zukunft, wäre einfach mit zu vielen Ungewissheiten verbunden gewesen. Auf der Mani gibt es ein paar Fixpunkte, eine Art Gib und Nimm Modell, deutschsprachige Bücher und viel Austausch auf spiritueller Ebene. Das alles, zusätzlich zu der Ruhe, Zurückgezogenheit, dem wärmenden Licht, dem atemberaubenden Ausblick und dem preisgekrönten biologischen Mani Olivenöl, gaben den Ausschlag für diese Option.

Nun da es klar war, galt es diesen „Kurztrip“ zu organisieren. Als erstes galt es herauszufinden, wie ich von Igoumentitsa, dem Fährhafen auf dem Festland, nach Patras komme, der grossen Stadt im Norden der Peloponnes. Apostolos und seine Frau telefonierten stundenlang bei den Fährlinien herum, ich fuhr selbst noch mal in die Stadt zu zwei verschiedenen Reisebüros, wir konnten es selbst nicht verstehen, aber es gab tatsächlich keine Fährverbindung mehr, zwischen Igoumentitsa und Patras.
Die Strecke mit dem Rad zu fahren, war von vornherein ausgeschlossen, da ich schon die rund 260 KM von Patras bis Kalamata mit dem Rad zurück legen musste, und von da aus noch mal 50 Km bis zu dem Haus von Burgi.
Kurze Zeit dachte ich schon, das wars mit der Mani, doch dann brachte mich Apostolos auf die Möglichkeit mit dem Bus zu reisen. Und tatsächlich, es gab eine Verbindung von Korfu-Stadt bis nach Patras.

Und so stand ich dann am Samstag Mittag, nach einem Abschiedsessen am Vorabend und einer herzlichen Verabschiedung am Morgen, am Busbahnhof von Korfu vor einem grossen Reisebus, und hielt die Luft an, ob ich mein Rad und die 5 Packtaschen dort hinein bekommen würde. Gestern holte ich mich schon mein Ticket, und zahlte für das Rad 10€ extra. Also wird der mich mitnehmen, irgendwie, darauf würde ich schon bestehen!
Als dann endlich der Busfahrer kam, und die Klappe öffnete, sah ich sofort, das passt. Ein Stein fiel vom Herzen. Aber der Busfahrer, ein älterer Typ in den Fünfzigern und mit Schnauzer, schaute auf mein Rad und wackelte mit dem Zeigefinger, geht’s noch? Ich habe dafür bezahlt, und es fahren nur 10 Leute mit, also genug Platz für alle? Ein junger Grieche, der für das Gepäck verantwortlich ist, spricht mit dem störrischem Kerl, und nach einigen Sätzen wird mein Rad verladen.

Mein Rad und das Gepäck sind verstaut, ich sitze auf meinem Platz, es kann losgehen. Zuerst geht es natürlich auf die Fähre von Korfu nach Igoumentitsa, 90 Minuten Zeit um mich von der Insel zu verabschieden, von der ich nicht viel gesehen habe, was ich aber irgendwann bestimmt nachholen werde.

Die Busfahrt verläuft ruhig, das einzig störende war eine lautstarke Auseinandersetzung mit dem bockigen Kerl mit Schnauzer und einer Frau, die fast in einer Handgreiflichkeit endete.
Gegen Acht kamen wir in Rio an, eine Stadt, 10 km vor Patras. Zelten war hier ausgeschlossen, außerdem wird es auch hier nun nachts empfindlich kalt. Hostels gab es keine, also musste ich in ein Hotel.

Die 260 km bis Kalamata bewältigte ich in 3 Tagen, die relativ ereignislos verliefen. Es galt Strecke zu machen, immer rechts am Straßenrand entlang der Hauptstrasse. Diesmal war nicht der Weg das Ziel, sonder so schnell wie möglich in Kalamata anzukommen. Auch die nächsten 2 Übernachtungen, verbrachte ich im Hotel, zweimal bekam ich wieder Nachlass, nachdem ich meine mittlerweile geübte, „armer Tourenradler-Story“ herunterließ. Auch wenn es mein klammes Budget noch weiter auszerrte, aber ich war einfach müde vom wilden zelten, und hier gab es auch wieder das „Hundeproblem“. Zweimal liefen mir wieder welche von Grundstücken hinterher, ich bin es echt leid, da sehe ich sie fast schon lieber auf der Strasse, als verweste Kadaver, im Durchschnitt alle 100 Meter.

Mein Ausblick

Am Dienstag, an Nikolaus, erreichte ich dann endlich Kalamata, die grosse Stadt im Süden der Peloponnes. Von hier aus waren es noch rund 50 km bis zu dem Haus von Burgi. Diese hatten es aber in sich, brutal lange Anstiege, ein ständiges Auf und Ab, das hatte ich noch in guter Erinnerung vom letzten Jahr.

So erfuhr ich von Burgi, das es einen Überlandbus gab, den ich dann auch nahm. Wieder Luft anhalten, wieder ging die Klappe zu, und mein Rad war drin.
Gegen acht erreichten wir in Stoupa die Haltestelle, von wo aus die strahlende Burgi mich mit ihrem Kombi abholte, um die letzten Kilometer zu Ihrem wunderbaren Seminarhaus zurückzulegen, bevor ich dann endlich mit einem Ausblick wie im Bilderbuch belohnt werde.


Mein Morgentee

Und so wache ich nun seit 5 Tagen jeden Morgen in meinem auf Feng Shui ausgerichteten Häuschen auf, gehe von meinem Coco-Mat-Bett zu meinem Sitzkissen um 30 Minuten zu meditieren, ziehe danach die Vorhänge auf, mache mir mein Frühstück, schaue dabei aufs Meer, und spüre wie mir dabei das Herz aufgeht.
Vormittags habe ich Zeit für mich, zum schreiben, lesen, inspirieren, mache mir dann mein Mittagessen, gehe raus in den Garten und arbeite ein paar Stunden. Abends dann ein wenig plaudern über Gott und die Welt, Sitzkissen, Coco-Mat-Bett, schlafen, träumen, ein neuer Tag im Paradies.

Ja ich fühle mich wohl hier, und das jeden Tag mehr. Die Umständen und Bedingungen könnten nicht besser sein, und so geniesse ich diese Zeit, der Erholung, der Regeneration, des Austauschs und der Inspiration, nach all den Wochen der Entbehrungen und Arbeit.
Burgi bietet für die ruhigeren Wintermonate ein spezielles Arrangement zum wohnen und leben an, freut sich immer über nette Gesellschaft und so bin ich herzlich eingeladen, den ganzen Winter in diesem herrlichem Ambiente zu bleiben.

Ob ich so lange bleibe? Wer weiß, vielleicht, ich versuche meinem Herzen zu folgen, und damit meinem Schicksal! Und...,auch wenn ich momentan nicht mehr körperlich reise, so bleibt nun mehr Raum für „geistige Reisen“, und an denen möchte ich euch in gewohnter Form teilhaben lassen.Keep on watching!

In diesem Sinne, wünsche ich all meinen Lesern eine besinnliche und schöne Vorweihnachtszeit!


Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern das man nie beginnen wird zu leben.
Marcus Aurelius

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