Montag, 6. Februar 2012

Warum ich Vegetarier bin

Update:

Gerade fand ich einen Link, der wie die Faust aufs Auge zu meinem gestrigen Artikel paßt. Ein weiterer Grund, auf den Verzehr von Fleisch zu verzichten, oder wenigstens stark einzuschränken:
Massentierhaltung und Antibiotikaresistenz


Dieses Thema liegt mir auch schon lange auf dem Herzen, bzw. im Magen. Seit gut einem Jahr bezeichne ich mich als Vegetarier. Die zwei Monate in Indien, in denen ich viele Vegetarier und Veganer (völliger Verzicht auf tierische Produkte) kennenlernte, gaben mir den entscheidenden Impuls und öffneten mir noch mehr die Augen. Das heißt, seit dem esse ich auch keinen Fisch mehr, oder wenn nur ganz selten, in dem einen Jahr vielleicht drei mal und auch nur weil ich eingeladen wurde. Vor der Indienzeit gehörte Fisch noch auf meinen wöchentlichen Speiseplan.

Heute möchte ich von meiner Entwicklung erzählen, von einem überzeugten Fleischesser zu einem bewußten Vegetarier. Man kann sagen, ich bin mit Fleisch groß geworden. In meinem Elternhaus gehörte Fleisch auf den Tisch, und zwar fast täglich. Gulasch, Bratwurst, Schnitzel und Sonntags der eingelegte Sauerbraten. Ich kann nicht behaupten, daß mir dies nicht geschmeckt hat. Im Gegenteil, ich aß sehr gerne ein schönes Jägerschnitzel mit Pommes und Salat. Auch wenn mir heute jemand ein Schnitzel hinstellen würde, ich würde es wahrscheinlich verspeisen. Es würde mir nach wie vor schmecken und ich müßte es nicht qualvoll herunter würgen. Um den Geschmack von Fleisch kann es also bei mir nicht gehen.

Nein, es geht um andere Gründe. Und um die zu beleuchten, muss ich ein wenig ausholen. Vor Jahren fielen mir die ersten Bücher über Ernährung in die Hände. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt nach wie vor, ein bis zweimal in der Woche, Fleisch auf den Speiseplan zu haben. Es gibt unzählige Studien zum Thema Fleischkonsum. Die einen halten es für gesundheitlich völlig unbedenklich -  die Menge und die Häufigkeit des Verzehrs machen es aus. Neuere Studien raten nun grundsätzlich von Fleischverzehr ab, wegen des erhöhten Risikos an Gicht, Darmkrebs, Herz-Kreislauferkrankungen, Alzheimer und der Adipositas (Fettleibigkeit) zu erkranken. Umso mehr ich mich damit beschäftigte, umso mehr dachte ich über meinen Fleischkonsum und die Auswirkungen auf den Körper nach. Da ich seit über 15 Jahren jogge, war ich davon überzeugt, dass ich nicht ganz auf Fleisch verzichten konnte, wegen dem Bedarf an tierischem Eiweiß, das bekanntlich wichtig ist zum Aufbau von Muskeln (wiederum aber auch nicht so wichtig, wie uns die Fleischindustrie weiß machen will). Also fing ich vor ca. 3 Jahre an, mein Essverhalten langsam umzustellen. Zuerst verzichtete ich komplett auf Schweinefleisch, auch wenn ich damit Tschüss zu meinem geliebten Schnitzel sagen musste. Ich aß ab und an Rindfleisch, aber vor allem Geflügel. Irgendwo hatte ich mal gelesen, dass dies besonders gut für Sportler sein sollte.

Eines Tages ging ich in die Videothek und stieß auf den Film "We feed the world". Ich lieh ihn mir aus und schauten ihn mir zuhause an. Als der Abspann lief, stand mir das Entsetzen im Gesicht. Ich beschloss auf jegliches Fleisch zu verzichten. Die Bilder von Rindern, Hühnern und Schweine aus der Massentierhaltung - und deren Schlachtung - schockierten mich zutiefst. Vor allem öffnete mir der Film die Augen für den Kreislauf und den Zusammenhang von Massentierhaltung, Pharmaindustrie (als Schutz vor Krankheiten werden die Tiere vollgepumpt mit Antibiotika und anderen Mitteln) und der Abholzung tausender Quadratkilometer Regenwald in Schwellenländern, wie Brasilien. Das alles nur, um mit gentechnisch veränderten Saatgut, riesige Felder mit Sojapflanzen anzulegen, die dann ausschließlich für die Fütterung von Nutztieren verwendet werden .

Da ich nach wie vor als ambitionierter Läufer nicht ganz auf Eiweiß verzichten wollte, aß ich von da an nur noch Fisch. Diese letzte Bastion fiel in Indien, als ich mich mit langjährigen Vegetariern unterhielt und sie mir eindrücklich von der Überfischung der Meere erzählten. Im Grunde genau das gleiche Prinzip wie bei der konventionellen Haltung von Nutztieren. Außerdem sei man kein Vegetarier, wenn man noch Fisch esse.

Bei der Darlegung der Beweggründe für meine Umstellung legte ich bisher den Schwerpunkt auf den gesundheitlichen und ethischen Aspekt. So erwiderte ich in der Vergangenheit bei diversen Grillpartys, wo ich von überzeugten Fleischessern gefragte wurde, warum ich denn kein Fleisch essen würde: „Es gibt mehrere Gründe“ und fing dann an aufzuzählen, was es für Auswirkungen auf den Körper und das Weltklima hat. Dies hat sich nun seit einiger Zeit geändert, was nicht heisst, das die anderen Gründe unwichtig wurden. Würde mich aber heute jemand fragen, warum ich Vegetarier bin, würde ich nur noch mit zwei Worten antworten: Aus Mitgefühl!

Dies ist ganz einfach. Ich würde zuerst mal die Person fragen, ob Sie ein Haustier hat, sagen wir an, einen Hund. Dann würde ich Sie fragen, ob Sie sich vorstellen könnte, dem Tier in die Augen zu schauen, und ihm dabei ein Messer in die Kehle zu rammen. Ich glaube, die Empörung wäre relativ groß: „Nein, wie kannst du nur fragen, das würde ich nie tun!" Genau da liegt der Kasus Knaxus. Wir halten uns für die Krone der Schöpfung. Wir wollen nicht mit unseren nächsten Verwandten, den Primaten verglichen werden, geschweige denn, mit einem Rind, einem Hund oder einem Schwein. Wir haben ja unsere Vernunft, wie haben ein Bewußtsein, wir können links von rechts unterscheiden und vieles mehr. All das sprechen wir den Tieren ab, weil wir ja über ihnen stehen, und bitte schon gar nicht neben ihnen. Am allermeisten sprechen wir ihnen ein Bewußtsein ab, was einhergeht mit der Fähigkeit Freude, Leid und Schmerz zu empfinden.

Aber nun wird es interessant. Unserem alles geliebten Haustier, dem Hund, die Katze, ja es gibt sogar Leute, die halten sich ein Hausschwein, dem sprechen wir diese Fähigkeit nicht ab. Wir umsorgen es, füttern es, streicheln es. Nach einiger Zeit haben wir eine so enge Verbindung zu dem Tier aufgebaut, dass wir sofort merken, wenn es ihm schlecht geht. Und irgendwann bemerken wir sogar, das es nicht nur uns so geht, sondern das das Tier ebenso merkt, wenn uns  etwas fehlt, oder wir einfach jemanden zum anschmiegen brauchen. Kurz: wir haben eine Beziehung zu dem Tier aufgebaut.
Und jetzt möchte ich eine Frage stellen: Wie in alles in der Welt kommen wir bitte darauf, dass es einem quiekenden Schwein, dem gerade das Bolzenschussgerät an den Kopf gehalten wird, anders ergeht, als unserem geliebten Haustier daheim??

Die Antwort:Wir kommen darauf, weil wir keinen Bezug mehr haben zu dem, was wir essen. Anders gesagt: uns fehlt das Bewußtsein für das, was wir gerade essen, nämlich ein Lebewesen das frei von Schmerz und Angst leben möchte, also genauso, wie wir es uns als Menschen untereinander zusprechen, und sogar unserem geliebtem Haustier. Das formverpackte Schnitzel im Kühlregal kann uns nicht mehr anschauen. Zwei Stunden zuvor schaute der Metzger dem Schwein in die Augen, als er ihm einen Bolzen in den Schädel schoss. Aber das sehen wir nicht mehr in unserer modernen Welt. Wir sehen unseren Genuß, "mhh, mir schmeckt das,warum soll ich darauf verzichten?" Der Blogger Martin Bartonitz hat dies in einem Artikel auf seinen Blog sehr schön aufgezeigt.

Wenn mich also das nächste Mal jemand verwundert fragt: "Warum isst du denn kein Fleisch?", ist die viel spannendere Frage: "Warum isst du Fleisch??!"Nach den üblichen Erklärungen, würde ich dann gerne mit dem- oder derjenigen eine Wette eingehen: Wir gehen einen Tag zusammen in eine Schlachterei und schauen uns den Ablauf dort genau an. Wenn du danach noch Hunger auf ein Schnitzel hast, lade ich dich ein, wenn nicht, lädst du mich zu einem vegetarischen Menü ein! Massentierhaltung ist die extremste Form, biologische Tierhaltung die Mildere, die Artgerechtere, wie es so schön heißt. Im Grunde ist es aber egal: Lebewesen bleibt Lebewesen!

Die Anfangsfrage, warum ich Vegetarier bin, lässt sich nach diesen Ausführungen nun wie folgt beantworten: Weil ich Mitgefühl für alle empfindungsfähigen Wesen habe! Man könnte auch sagen: Für alles was zwei Augen hat. Kann man sich das vorstellen? Auch das schöne Filet im Supermarkt hatte mal zwei Augen! Für mich ist es eine Frage der Bewußtseinserweiterung, die Mitgefühl entstehen läßt. Und diesbezüglich kann ich nur aus vollstem Herzen hoffen, das sich diese Erweiterung nun beschleunigt und immer weiter ausbreitet, so dass wir in einigen Jahren ganz selbstverständlich sagen werden: „Kannst du dir das vorstellen, die haben früher massenweise Tiere getötet um deren Fleisch zu essen, was waren das nur für Menschen!“


1 Kommentar:

  1. Schöner Post! Denkt man den Vegetarismus zu Ende landet man meiner Meinung nach früher oder später bei der veganen Ernährung.

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