Mittwoch, 4. Januar 2012

Der etwas andere Jahresrückblick

Der Mensch kann zwar tun, was er will, aber er kann nicht wollen, was er will
Arthur Schopenhauer


Was für ein Jahr 2011, oder? Und was für eine Zeit, richtig? Wo wir schon dabei sind, ist es euch auch so vorkommen, sie vergeht immer schneller. „Zeit ist relativ“ erwähnte Albert Einstein einmal, meinte also damit, das sie keine feste Größe im Universum sei. Bei dem was ich dieses Jahr erlebt habe, kam es mir öfters so vor vieles ist realtiv - nicht nur die Zeit!

Nun möchte ich beginnen, ein wenig Rückschau halten, ein wenig mich besinnen, hineinhorchen, was war wichtig, was unwichtig – nein -was bewegte mich dieses Jahr, mich ganz persönlich. Wo anfangen von zwölf Monaten, von so vielen Erlebtem? Wie wäre es mit Januar, oder, ich erlaube es mir, ich fange in Indien an, obgleich diese Geschichte schon im Dezember 2010 begann.

Dezember bis Februar

Indien. Gurus.Kühe. Hitze. Bettler. Dal. Was verbindet man nicht alles mit diesem Subkontinent. Jeder etwas anderes. Vieles habe ich gelesen, vieles gehört, viele Halbwahrheiten und manche Zerrbilder. Vorbereiten wollte ich mich, auf dieses Andere, dieses Neue, dieses Überraschende, auf die Hitze, auf die verkrüppelten Bettler, die lärmenden Rikschas und das Elend von Mensch und Tier. Kann man das, sich vorbereiten, auf eine andere Kultur, Religion und Weltanschauung? Ich versuchte es jedenfalls, laß Reiseberichte im Internet, suchte nach Websites von Backpackern, hatte Emailkontakte, lieh mir Reiseführer und Reisebücher aus. All die Empfehlungen, Tipps und Tricks, findet man in diesen Büchern, um nicht in jede Touristenfalle reinzutappen, Lehrgeld würde ich wohl zahlen – doch die Summe wollte ich so gering wie möglich halten.

Mein erstes Lehrgeld zahlte ich schon in der ersten Nacht. Müde und verschwitzt stieg ich in das Taxi, Prepaid – Taxi, ein Tipp, mit Quittung, jawohl, der fährt auch dahin, wohin du willst, und nicht wohin er will. Während der Fahrt, versuchte ich zu dem Fahrer eine Beziehung aufzubauen, unterhielt mich mit ihm, jawohl, fragte nach seiner Familie und Kinder. Gebracht hat es wenig, die Quittung am wenigsten, vor dem Hotel gab ich ihm mit der Faust in der Tasche den erhöhten Betrag, Centbeträge, aber die Prinzipientreue war noch hoch. Die Strassen waren leer um diese Zeit, nach Mitternacht, ich alleine, in dieser Stadt namens Chennai, und auf diesem Subkontinent, fühlte mich ausgeliefert, wem kann ich vertrauen – niemanden, so lernte ich schon diese Lektion; 2 Stunden nach meiner Ankunft.

Der nächste Streich folgte sogleich, das nächste Abmelken, der nächste Glaubenssatz wurde gebrochen. Im Hotel – soweit dieses Gebäude, und das anschließende Zimmer den Namen überhaupt verdient – zeigte ich stolz meine ausgedruckte Email, clever und vorbereitet – so dachte ich - hatte ich ein Zimmer im voraus gebucht, mit Preisbestätigung. Der nette „Deskmanager“ erklärt mir mit seinem milden Lächeln, das er wahrscheinlich schon so vielen Neulingen aus Europa gezeigt hat, der Zimmerpreis hätte sich erhöht, und zwar seit gestern. Natürlich, was glaubt er wen er vor sich hat? Einen müden und naiven Deutschen!
Sieht er nicht mein Bedürfnis nach Schlaf? Die Prinzipientreue hält noch, auch jetzt, ich kämpfe noch, um mein Recht, oder um mein Ego? Will nicht aufgeben, insistiere, beschwere mich und schaue dabei fortwährend in ein grinsendes Gesicht. Die Schlacht ist verloren, genug für den ersten Tag, die erste Nacht, ein Inder trägt meinen Rucksack ins Zimmer, er öffnet die Tür, ich bin versucht aufs Bett zu fallen, tot, endlich Ruhe, doch da halte ich inne, eine Lektion fehlt noch.
Indien, 1.15 morgens, ich hüpfe unter den Wasserstrahlen des verkalkten Duschkopfes hin und her, gehe dann zurück zu diesem etwas, das ein Bett sein soll, rühre die Decke nicht an, möchte mir den befürchteten Anblick darunter ersparen, breite stattdessen mein Laken aus – Vorbereitet, nicht wahr – an der Zimmerdecke dreht der Ventilator einsam seine Runden, unter ihm liegt ein kaputter Europäer, ich beobachte seine Drehungen, ich liege, schlafe aber nicht, überlege, was erwartet mich morgen, genauer heute früh,und falle irgendwann in einen Dämmerschlaf..
Gott würfelt nicht
Albert Einstein

Zuerst einmal die Sonne, die weiße und glühende, und damit die Hitze, die schwüle und erdrückende, hinzu Abgase und unendlich viel Lärm. Ein erstes indisches Frühstück, ein Chai, ein Spaziergang der mehr ein Taumeln durch die Strassen gleicht, so erdrückend ist das alles, so anders, so orientierungslos fühle ich mich. Weg. Ich muss hier raus, aus diesem Moloch, Chennai. Es sollte nur eine Übergangsstation sein, mein Guesthouse ist gebucht, zuverlässig, da unter deutscher Leitung, wie der Ruf des Paradies scheint es mir zu sein, doch dazu muss ich einen Bus nehmen, und noch weiter nach Südindien vordringen, nach Pondicherry.

Am Nachmittag sitze ich in den Point to Point Bus, ohne murren habe ich den erhöhten Zimmerpreis bezahlt – beim Aus-checken bekam sogar noch einen Kuli geschenkt – eine Motor-Rikscha genommen, und werde 30 Minuten später am Busbahnhof abgesetzt. Vier Stunden dauert die Fahrt, eine Gelegenheit Land und Leute kennenzulernen, wenn auch nur durch die Scheibe, aber das reicht schon für die ersten Eindrücke – eine geheimnisvolle Macht scheint diesen Strassenverkehr zu steuern, anders kann ich es mir nicht erklären, das ich trotz Kühen, Dauerhupen, Ausweichen, riskantem Überholen und Menschen auf der Autobahn, am Stück und ohne Nervenkollaps, abends gegen 20 Uhr am Busbahnhof von Pondicherry aus dieser Höllenmaschine aussteige.
Ein letztes Mal den Preis verhandeln, ein letztes Mal die dröhenden Hupen der Rikschas, dann stehe ich vor dem Tor – dem Eintritt ins Paradies, meinem Guesthouse. Rajun, der freundliche Watchmen begrüßt mich fröhlich, das Zimmer ist vorbereitet, ich wurde erwartet, die Tür öffnet sich, und mich empfängt ein Duft von Sauberkeit und der Glanz von weißen Wänden. Endlich, nun fühle ich mich angekommen.

Nein doch nicht, noch nicht ganz. 3 volle Wochen benötige ich, man kann es durchaus einen Kulturschock nennen. So nannte es auch der Heiler, oder Arzt, genauer, hellsichtiger Arzt, an den ich empfohlen wurde. Ich saß ihm gegenüber, er schaute mich nur an, das wars, dann wusste er Bescheid. Er schaute in einem Buch nach, und vollführte dann mit seiner linken Hand, merkwürdige Bewegungen über meinem Kopf. Er entließ mich, mit dem Hinweis, das es in den nächsten zwei Wochen besser werden würde. Einmal war ich noch bei Ihm, nach dem Vipassana Retreat, weil während des 10-tägigen Kurses was passierte, etwas das ich bis heute nicht einordnen kann, oder genauer beschreiben. Vielleicht waren es nur Kreislaufprobleme, vielleicht war es auch etwas anderes, etwas das aufgestiegen ist, aus den Tiefen des Verdrängten, Unbewußten, „Sankaras“ nannte es der weise Goenka während seiner Teachings. Was auch immer, ich wollte es verstehen. Der zweite Besuch war noch ernüchternder als der Erste. Schwarze Magie wäre über mich gekommen, er könne es an meinem Kronen-Chakra sehen, das siebte und höchste mit Sitz auf der Stirn, der Teacher hätte es verursacht. So so. Wieder ein paar Handbewegungen, wieder der Hinweis, es ist erledigt.
Vielleicht bin ich einfach zu Kopf- und Vernunft gesteuert für diese Art von Heilung oder Konsultation. Andere Deutsche berichten mir begeistert von Ihren Besuchen, von Aussagen zu Ihrer Familie, von präzisen Beschreibungen die er nicht wissen konnte.

Aber irgendwie passt das alles zu meinen Erinnerungen an diese Zeit: Verworren, verwirrend, verzückt, aufwühlend, nachdenklich. Und verliebt! In das Land, wie einige Westler es mir bekundeten? Nein! In eine Begegnung, eine menschliche, eine allzu menschliche, in ein Wesen, ein irdisches aus der westlichen Hemisphäre, ein Wesen des anderen Geschlechts. Lange mußte ich mit mir ringen, soll ich es wagen, kann ich darüber berichten, öffentlich? Viele Monate nach meiner Rückkehr wäre ich gar nicht dazu in der Lage gewesen. Auch jetzt, fast ein Jahr später, fällt es mir schwer. Erinnerungen kommen hoch, Bilder, Gesprächsfetzen, Augen, Lächeln, Bewegungen und natürlich Emotionen. Das kann man ein Aufsteigen nennen, eventuell sogar ein Sankara, von ganz unten, dem „Unter-Unterbewußtsein“. Die Bilder verschwimmen immer mehr, wie ein Farbklecks auf einer Leinwand über den Wasser läuft. Aber sie sind noch da, werden es bleiben, immer? Vielleicht, eher wahrscheinlich. Gibt es mehr darüber zu sagen? Nein, ich glaube nicht. Das war schon genug, außer...es war die Begegnung in Indien, des Jahres und dieses Lebens. Wahrscheinlich nicht nur in diesem.

Das war Indien, mein ganz persönlicher Rückblick. Vielleicht fragen sich manche, was habe ich denn den lieben Tag so gemacht? Oh, da gab es einiges. Gelesen, meditiert, unterhalten, den Kindern beim spielen zugeschaut, mit dem Rad durch die Stadt gefahren, einen Shiva-Tempel besucht, sowie mehrmals das Auroville, zweimal im Matrimandir gewesen ( beeindruckend!), Weihnachten uns Silvester gefeiert, und ganz viel über mich gelernt. Dazu bedurfte es noch nicht einmal des langen Reisens, wie es so viele tun auf diesem Subkontinent, nein,das ging auch an einem Ort.

Und dann kam irgendwann mein Rückflug, und die harte Landung in Deutschland.

Das Schicksal des Menschen, ist der Mensch
Bertolt Brecht


Februar bis September

Nun werde ich kurz.Sieben Monate versuche ich in wenige Sätze zusammenzufassen, auch eine Leistung. So schwer sollte es nicht sein, weil so viel nicht passierte in dieser Zeit. Ich nenne diese Zeiten „Pufferzeiten“, zum Orientieren, Ausprobieren, und Ausdenken von neuen Abenteuern und Reisen.
Zwei Monate verbrachte ich in meinem beschaulichen Heimatdorf. Darüber gibt es sowieso nicht viel zu berichten, weil es dort immer ähnlich abläuft. Spätestens 2 Wochen nach meiner Rückkehr von einer Reise, bekomme ich einen Lagerkoller, man könnte auch sagen, ich werde depressiv. Eine Neigung, die viele Rast- und Ruhelose haben Tristesse, nichts neues, fade, eingefahren, gewöhnlich.

Im April machte ich einen Abstecher nach Niederbayern, nach Neuötting, in ein Zen-Kloster. Ein weiterer Versuch, oder sagen wir, Ausprobieren, mich in eine Gemeinschaft einzufügen. Eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten, so dachte ich immer. Wie wenig gleichgesinnt die drei weiblichen Bewohner waren, merkte ich schon relativ schnell nach meiner Ankunft. Insbesondere eine, mit schweizer Akzent und gehobenen Alters, hat es mir gleich vom ersten Handschlag an angetan: in Form einer sofortigen Antipathie.
So wurde der geplante mehrmonatige Aufenthalt nach einer Woche im beiderseitigem Einvernehmen aufgelöst. Es folgten ein paar Tage in München, verbunden mit dem Wiedersehen einiger Personen aus der Indienzeit.

Danach verschlug es mich in den hohen Westerwald, zu einer netten Familie mit zwei Kindern. Auf der Basis von Gib und Nimm, war ich dort „Mädchen für alles“: Koch, Gärtner, Anstreicher, Babysitter, Segelgehilfe. In diesen 4,5 Monaten konnte ich einiges dazulernen, in vielen Bereichen, angefangen von der Kindererziehung bis zum Fahren eines Mercedes Sprinters mit Anhänger.
Nach dieser Zeit, dauerte es nicht mehr lange, bis zum Aufbruch in ein neues Abenteuer, zur „Way of Living Radtour“. Der Rest ist „Geschichte“ und in zahlreichen Post hier auf dem Blog festgehalten.

Somit können wir direkt zum letzten Punkt dieses Rückblickes kommen

..der da wäre: ein Ausblick auf das neue Jahr

2012! Eine magische Zahl, ein magisches Jahr. Zumindest für Einige! Für viele Verschwörungstheoretiker und Weltuntergangsapokalypten. Nach meinem Indienaufenthalt habe ich angefangen, mich näher mit der Thematik zu beschäftigen, weil es mich einfach interessierte, versuchen wollte, mir mein ganz eigenes Bild zu machen.

Als erstes mußte ich feststellen, dass dies gar nicht so einfach ist. Unzählige Seiten im Internet, es galt sich einen Pfad durch den Dschungel von Fakten, Halbwahrheiten, Prophezeiungen, Spinnern, Profilneurotikern, Wichtigtuern, Hintergründen, Manipulationen und Tatsachen zu schlagen.
Nun, fast ein Jahr später, sehe ich ein wenig klarer durch das Gestrüpp, so hoffe ich jedenfalls. Fakt ist, nicht nur die Mayas, Nostradamus und die Hopi-Indianer sahen für dieses Jahr und die Zeit danach, grosse Umwälzungen und Umbrüche voraus, sondern auch die indischen Seher, die Rishis, Gründer der bekannten Palmbibliotheken. Hinzu kommen viele andere Seher und Weisen aus der östlichen Tradition.

Nun muss man gar nicht spirtiuell sein, und all diesen „Mist“ glauben. Ich sehe diese Prophezeiungen aus einer gewissen Perspektive des Beobachtens, und gleiche es mit dem aktuellen Weltgeschehen ab. Für mich sind es sind Puzzleteile eines grossen Ganzen. Und abgesehen davon, gehöre ich ja selbst zu den Rationalen. Spiritualität und Vernunft müssen sich nicht ausschliessen, im Gegenteil sie können sich prima ergänzen, sowohl-als-auch, ist meine Maxime!

Jeder der halbwegs mit geöffneten Augen durch die Welt geht, und sein Denken noch nicht ganz den anderen überlassen hat, wird nicht bestreiten können, das wir seit rund 2 Jahren in einer turbulenten, schnelllebigen Zeit leben. Naturkatastprohen, Fukushima, Goldpreis, Euro-Krise, Higgs-Bosom, Teilchen die schneller fliegen als das Licht und vieles mehr, geisterten und geistern durch die Massenmedien, oft mit den Worthülsen, „nie für möglich gehalten, undenkbar, unbegreiflich.“

Jetzt könnte man sagen: Veränderungen und Neuentdeckungen gab es schon immer, oder man kann bei genauerem hinsehen sagen, Ja, aber nicht in dieser Anzahl und schnellen Reihenfolge! Vielleicht ist doch etwas dran, an diesem Gesäusel „ von einem Quantensprung der Menschheit, der nächste Schritt in der Evolution“...!?

Wir werden es sehen, in welcher Ausprägung und Form auch immer...und ich werde das weiterhin aufs genauste Beobachten.
Mein ganz persönlicher Jahresausblick für 2012 ist folgender: Meiner Meinung nach, geht es in diesem Jahr darum, seinen Platz im Leben zu finden, jenseits von Erwartungen von außen, Angst ums Geld, scheinbare Sicherheit und Verpflichtungen.

Und so wünsche ich dies all meinen Lesern von Herzen, weil von dort aus der Lichtstrahl der Bestimmung durch das Grau des Konventionellen scheint. Bleibt euch selber treu, und lasst euch nicht beirren, Alles Gute im Neuen Jahr! Keep on watching..

Was immer du meinst oder glaubst, tun zu können, beginne damit. Handeln ist Magie, Anmut und Kraft
Johann Wolfgang von Goethe

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