Montag, 3. Oktober 2011

Graz: Jetzt ruft der Balkan

Gesamt - KM: 1.320

Tag 19

Mit dem Koppenpaß (690 m)beginnt mein Einstieg in die Niederen Tauernalpen. In Obertraun wärme ich mich bei einer Tassen Tee in einem Wirtshaus auf, und bereite mich seelisch auf den Pass vor. Nach einem Einkauf mit ausreichend Verpflegung, gehe ich es an. Das Wetter ist weiterhin sonnig. Von Obertraun (511 m) geht es zunächst ein Stück durch einen Wald, mit moderaten, kleinen Anstiegen. Der Radweg verläuft auf einer alten Bahntrasse, und wurde erst im Juli 2011 fertiggestellt. Nach einer Unterführung gehts dann los. Es kommt eine steile Rampe, Schotterweg mit einer Steigung von rund 20%! Zuerst versuche ich noch im kleinsten Gang zu fahren, muss dann aber schnell feststellen, das es zu steil ist. Also, heißt es schieben. Und auch das nur immer ein paar Meter, dann Pause. Zu meiner Gewissensberuhigung, kommt von hinten ein Paar mit ihren leichten MTB, die dann auch schieben. Beide kommen aus Tschechien (irgendwie treffe ich nur Tschechen auf Rädern), der Mann macht ein Foto von meiner Schwerstarbeit.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, erreiche ich endlich die Landstrasse, der Pass ist bezwungen. Dort oben treffe ich die beiden auch wieder, wie ich, um uns von den Strapazen zu erholen. Der Mann spricht ganz gut deutsch, er ist Banker, und meint so lapidar "Du bist ein Weltmeister"! Naja soweit ist es noch nicht..
Sanfte rolle ich dann abwärts Richtung Bad Aussee (659 m). Dort mache ich meine Mittagsrast, fülle die Kohlehydratspeicher auf, und radel weiter auf dem R19 Richtung Bad Mitterndorf. Es geht immer wieder berg auf, berg ab, schon nach wenigen KM merke ich, wie schwer meine Beine sind, alt werde ich heute nicht. Direkt am Radweg in Bad Mitterndorf (809 m), entdecke ich einen Campingplatz, ein kleiner, gepflegter, mit anständigen Preisen. Der gestrige in Obertraun wollte 18€ für eine Nacht im Zelt! Das nenne ich Wucher, aus Protest habe ich mich nebenan auf die Wiese gestellt. Hier in Bad Mitterndorf, liegen wir bei einem Preis um die 10€. Die Sache ist klar, hier bleibe ich. Nachmittags ist es so warm, das ich mit freien Oberkörper mein Zelt aufbaue, Wäsche in der Ortlieb Faltschüssel wasche, und mich auf die Wiese in die Sonne lege. Die Betreiber sind Holländer und super nett "geh zuerst mal herrlich duschen, und komm morgen früh zum bezahlen".

Tag 20

Eine ältere Schweizerin, mit der ich schon am gestrigen Abend ins Gespräch kam, spricht mich morgens im Vorraum bei meinem spartanischen Frühstück wieder an. Sie lebt mit Ihrem Mann in Graz, sie sind Dauercamper hier auf dem Platz. Nach ca. 15 Minuten Gespräch, meint Sie, ob ich noch einen Tee wollte bevor ich losfahre. Klar immer gerne. 10 Minuten später sitze ich vor ihrem Wohnwagen auf einem Stuhl und geniesse die Morgensonne, mit einer Tasse schwarzen Tee und 2 Broten mit Marmelade.
Sie findet meine Reise ganz bewunderswert, und meint noch so, als junge Frau hatte sie mit ihrem damaligen Freund die Möglichkeit mit dem Motorrad um die Welt zu reisen, hat es aber dann nicht gemacht, einen sicheren Lebensstandard mit Haus und Beruf aufzubauen, war ihr dann doch wichtiger!
Nach dem 2. Frühstück packe ich meine Sachen, bezahle gut gelaunt meine Rechnung, die Holländerin gibt mir noch einige Tipps wie ich weiterfahren kann.

Dann gehts von Bad Mitterndorf zum Salza Stausee. Ein Traum, eine Idylle. Absolute Stille, grandiose Ausblicke. Nach der Staumauer geht es in einer rauschenden Abfahrt runter ins Ennstal nach St. Martin am Grimming (716 m). Ein Stück den Ennsradweg entlang. Dann komme ich nach Liezen. Von hier aus geht es durch das Liesingtag bis zum Murradweg, auf den ich in St. Michael stossen werde.
Kurz vor Rottenmann schlage ich mein Zelt auf einer Wiesen auf. Wieder von einem Bauern, den ich einige Minuten später sehen, und nur meint "passt schoh". Ein sehr beliebter Ausspruch hier in Österreich, den ich schon am ersten Tag im Lade bemerkte.

Tag 21

Gegen acht, als das Zelt schon eingepackt ist, begrüsst mich der Bauer, fragt wie ich geschlafen hätte. Wie plaudern ein bisschen über die üblichen Themen, dann frage ich ihn, ob es in Rottenmann eine Möglichkeit gibt, ins Internet zu gehen. Ich muss mich nämlich dringend, bei meinen freundlichen Gastgebern in Graz ankündigen. Da meint er, "Kannst zu mir ins Haus gehen, und dort ins Internet". 5 Minuten später sitze ich am PC und verschicke die Nachricht.

Von Liezen gings nach Trieben. Danach wartete der Schoberpaß auf mich, der letzte bevor ich auf den flachen Murradweg stosse. Der Bauer hat mir aber schon gesagt, das dieser harmlos sei "packts du locker", sanfte Anstieg. Naja abwarten dachte ich mir.
Und tatsächlich, wenige Kilometer nach Trieben fuhr ich auf der wenig befahrenen Bundesstrasse weiter. Wenn ich nicht auf die Karte geschaut hätte, hätte ich wahrscheinlich gar nicht gemerkt, das ich gerade über einen Pass fahre. Leicht ansteigend ging es 3 km nach oben. Wenn der starke Gegenwind nicht gewesen wäre, wäre ich über den Pass nur so geflogen. In Wald am Schoberpaß (849 m) trocknete ich mal wieder mein Zelt. Wirklich kein Vergleich zum Koppenpass, aber mir ist's recht.

Nun hiess es rollen lassen, und Strecke machen durchs flache Liesingtal. In Leoben machte ich stopp. Dort bekam ich sogar endlich in einem Hornbach Baumarkt meine ersehnte Gaskartusche mit Schraubverschluss. Nun kann der Gasbrenner wieder surren.
An der Murr gezeltet, Trinkwasser bekam ich mal wieder von einem Privatmann.

Tag 22

Jippie, heute werde ich in Graz ankommen. Das gröbste in Österreich liegt hinter mir, und eigentlich auch das ganze Land. Nach Graz sind es vielleicht noch 80 km bis zur Grenze. Morgens war es mal wieder frisch, so liess ich es easy angehen, trank einen 2. Tee in einer Tankstelle, und wartete bis die Sonne raus kam.

Und dann hiess es kurbeln. Wetter sommerlich, immer weiter auf den Murradweg, Graz ruft. Es gab ein, zwei richtige Steile Anstiege, aber nach den Tauernalpen konnte mich nichts mehr schocken. Gegen 16.30 stand ich 10 km vor Graz. Ich schickte Verena eine Sms, und wir machten als Treffpunkt den Hauptplatz in Graz aus. Sie meinte noch ich wäre ja richtig schnell unterwegs:-)
Abends um 17.45 rollte ich mit gelassener Stimmung auf den Hauptplatz in Graz herein.
Nach genau 3 Wochen und 1.320 km in den Beinen, hatte ich es geschafft, Frankfurt - Graz, war eine schöne erste "Etappe" zum warmradeln und Erfahrungen sammeln.
Wenig später traffen gut gelaunt meine freundlichen Gastgeber Andreas + Verena ein, selbst begeisterte Radler und Wanderer. Sie sammelten mich auf, und zusammen fuhren wir in Ihre Wohnung. Eine warme Dusche und eine bequeme Couch, können so herrlich sein.

Tag 23

Heute Ruhetag in Graz. Alle Akkus aufladen (körperlich wie elektronisch), Wäsche waschen, vorbereiten auf Slowenien. Ab morgen beginnt ein neuer Abschnitt, für mich beginnt nun erst das "richtige" Ausland, fremde Sprache, andere Kultur und Menschen...Ich freue mich und bin gespannt...

2 Kommentare:

  1. Sauber. Bist ja schnell voran gekommen. Schon mal viel Spaß im Balkan. Und grüß mir Verena und Andi recht herzlich...

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  2. Danke Christof...Andreas sitzt neben mir, direkt gemacht:)

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